Wie Cannabis den Schlaf und die Fähigkeit zu Träumen beeinflusst


Wie Cannabis den Schlaf und die Fähigkeit zu Träumen beeinflusst
Luke Sumpter

Schlaf ist von grundlegender Bedeutung für die menschliche Gesundheit. Sowohl Tiefschlaf als auch der REM-Schlaf spielen wichtige physiologische Rollen. Begrenzte Forschungen haben ergeben, dass THC die Menge an Träumen reduziert. Ist das etwas, worüber man sich Sorgen machen muss? Oder können wir beruhigt schlafen?

Über 25% unseres Lebens verbringen wir schlafend im Bett. Manchmal scheint Schlaf eine Unannehmlichkeit für unser beschäftigtes und hektisches Leben zu sein. Aber ohne ihn wären wir wirklich schlecht dran. Viele Substanzen, die wir zu uns nehmen, können die Schlafqualität beeinträchtigen. Wir alle wissen, dass eine Tasse Kaffee das Einschlafen erschwert und dass eine Tasse Baldrian-Tee uns ein wenig Entspannung bietet. Wenn es jedoch um Cannabis geht, berichten Nutzer von unterschiedlichen Wirkungen.

Obwohl es scheint, als würde Cannabis Menschen beim Einschlafen helfen, kann die Pflanze den normalen Schlafzyklus stören. Viele Cannabisliebhaber geben an, dass sie bei häufigem Rauchen weniger träumen. Begrenzte Forschungsergebnisse leben nahe, dass THC den REM-Schlaf reduziert.

Wir werfen nun einen genaueren Blick auf die Natur des Schlafs und wie Cannabis in das Bild passt.

DIE 3 STUFEN DES SCHLAFS

DIE 3 STUFEN DES SCHLAFS

Es gibt 3 Schlafphasen: Oberflächlichen Schlaf, Tiefschlaf und REM-Schlaf. Diese Phasen werden in fünf verschiedene Phasen unterteilt (1–4 und REM), von denen jede tiefer als die vorherige ist.

Stufe 1 nicht-REM ist ein sehr leichter Schlaf. Stufe 2 ist durch einen etwas tieferen Schlaf gekennzeichnet, in dem sich die Herzfrequenz verlangsamt. Stufe 3 und 4 sind als eine tiefe und erholsame Art des Schlafs definiert. Die Muskeln entspannen sich und der Körper beginnt Gewebe zu reparieren und neu aufzubauen.

Während einer durchschnittlichen Nacht durchlaufen wir zyklisch diese Phasen. Wir beginnen bei Stufe 1 und arbeiten uns bis zur REM-Stufe vor und beginnen dann von vorne.

In den ersten paar Zyklen verbringen wir in der Regel mehr Zeit in der Tiefschlafphase und weniger Zeit in der REM-Phase. Im Verlauf der Nacht verlängern sich die REM-Schlafphasen, während die Tiefschlafphasen kürzer werden.

Es dauert ungefähr 90 Minuten, um all diese Phasen zu durchlaufen. Laut Dr. Hans Hamburger, Neurologe, Schlafforscher und Leiter des Holland Sleep Research, wird der Zyklus jede Nacht vier- bis fünfmal wiederholt.

Dr. Hamburger erklärt, dass die meisten unserer Träume in der REM-Schlafphase auftreten.

“Die meisten Träume hat man während dieser REM-Phasen. Wenn man weiterschläft, erinnert man sich normalerweise nicht an seine Träume. Die letzte REM-Phase kurz vor dem Aufwachen ist die längste und man wird sich nur an die Träume erinnern, die man zu dem Zeitpunkt hatte, an dem man aufgewacht ist. Wenn man während der REM-Phase nicht aufwacht, wird man sich an nichts erinnern.”

Während dieses traumreichen Bewusstseinszustands finden im Gehirn viele interessante Prozesse statt. Der REM-Schlaf versetzt unseren Körper in einen Zustand, der dem Wachzustand sehr ähnlich ist. Das Gehirn wird fast genauso aktiv, die Atmung wird schneller und es treten Veränderungen der Körpertemperatur und des Blutdrucks auf.

Die Wissenschaft des Träumens wird noch nicht vollständig verstanden. REM-Schlaf spielt eine Rolle bei der Entwicklung des zentralen Nervensystems, dem Lernen und dem Gedächtnis. Der Zweck der visuellen Natur von Träumen ist jedoch nach wie vor umstritten. Einige Forscher glauben, dass Träume die Rolle eines Therapeuten spielen und es Menschen ermöglichen, sich bestimmten Emotionen zu stellen. Andere glauben, dass Träume eine Form des Kampf-oder-Flucht-Trainings sind, da während des REM-Schlafs die Amygdala aktiv ist.

DIE AUSWIRKUNGEN VON CANNABIS AUF DIE REM-PHASE

DIE AUSWIRKUNGEN VON CANNABIS AUF DIE REM-PHASE

Persönlichen Berichten zufolge neigen Cannabiskonsumenten dazu, einen Mangel an Träumen zu erleben, wenn sie das Kraut stark nutzen. Es gibt nicht viele Forschungen, die erklären, warum dies passieren kann – Wissenschaftler haben sich nur kurz mit dem Thema befasst.

Eine im Jahr 1974 durchgeführte und in der Fachzeitschrift Psychopharmacologia veröffentlichte Studie untersuchte eine kleine Stichprobe von fünf Freiwilligen, die 8–15 aufeinander folgende Nächte in einem Schlaflabor übernachteten. Jeder Proband erhielt vor dem Schlaf eine Dosis von 20mg THC. Die Forscher beobachteten während der Nacht ihre Gehirnaktivität und Augenbewegungen und stellten schließlich fest, dass THC die im REM-Schlaf verbrachte Zeit verringerte. Die Forscher testeten auch die Auswirkungen des Entzugs von THC für 4–6 aufeinander folgende Nächte. Die Probanden empfanden eine leichte Schlaflosigkeit und während des REM-Schlafs es gab keine merkliche Wiederherstellung.

Ein Jahr später lieferte eine unterstützende Studie ähnliche Ergebnisse. Die Forscher zeichneten die Gehirnaktivität und die schnellen Augenbewegungen erfahrener Cannabiskonsumenten auf, die entweder THC oder ein Placebo erhielten. Die Forscher fanden heraus, dass die Verabreichung von THC die Augenbewegung während des REM-Schlafs erheblich reduzierte. Es gab auch eine Verringerung der Dauer des REM-Schlafs. Während der Entzugsphase stiegen Augenbewegungen und REM-Dauer wieder an. Abgesehen von den Auswirkungen von THC auf den REM-Schlaf stellte die Studie auch fest, dass die Schlafdauer in der Stufe 4 mit THC zunahm. Die gleiche Schlafstufe nahm während des Entzugs ab, jedoch nur in der ersten Nacht.

Mehrere andere Studien, die um diese Zeit durchgeführt wurden, führten zu ähnlichen Ergebnissen, aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Eine qualitativ hochwertigere Studie mit einer größeren Stichprobengröße und einer Verabreichung von Vollspektrum-Extrakten würde die Zuverlässigkeit erhöhen. Aus diesen Gründen bleiben die Belege bis jetzt noch unschlüssig.

Der Schlafforscher Dr. Timothy Roehrs äußerte sich in der Debatte wie folgt: “Die Literatur darüber, ob Marihuana den REM-Schlaf beeinflusst oder nicht, ist äußerst schwach und zweifelhaft. Einige Studien haben gezeigt, dass es den REM-Schlaf unterdrückt und einige Studien haben gezeigt, dass es das nicht tut”.

Er behauptet auch, dass er und ein Kollege der Wayne State University School of Medicine Nachweise gefunden haben, die ganz klar der verbreiteten Meinung widersprechen, dass Cannabis den REM-Schlaf unterdrückt.

“In der durchgeführten Studie wurde Marihuana morgens und nachmittags geraucht. An manchen Tagen war es echtes Marihuana und an anderen Tagen war es ein Placebo mit 0,4% THC oder so”, sagte er. Das Marihuana, das in der Studie verwendet wurde, enthielt ungefähr 3% THC.

Roehrs behauptet, dass es beim Rauchen von echtem Cannabis oder einem Placebo keinen Unterschied in der Menge des REM-Schlafs bei den Patienten gab.

HÄLT CANNABIS UNS DAVON AB, ZU TRÄUMEN?HÄLT CANNABIS UNS DAVON AB, ZU TRÄUMEN?

Bisher gibt es keine eindeutige Antwort auf diese Frage. Der begrenzten Forschung zufolge scheint THC die Gehirnaktivität und die Augenbewegung zu beeinflussen, was auf eine Verringerung der REM-Dauer hinweist. Neuere Forschungen von Roehrs widersprechen diesen Erkenntnissen jedoch.

Zahlreichen Einzelberichten zufolge findet nach starkem Cannabiskonsum eine Reduzierung der Träume statt. In Kombination mit älteren Forschungsergebnissen ist es plausibel, dass THC bei einigen Personen den REM-Schlaf reduziert. Es ist wahrscheinlich, dass THC – und Cannabis als Ganzes – unterschiedliche Menschen auf unterschiedliche Weise beeinflusst. Es ist eine chemisch komplexe Pflanze und jede Sorte enthält unterschiedliche Mengen an Cannabinoiden und Terpenen, die sich auf den Schlaf auswirken können. Darüber hinaus können auch Dinge wie die Schlafenszeit und der Konsum von anderen Substanzen eine Rolle spielen.

KANN MAN MEHR TRÄUMEN, WENN MAN AUFHÖRT REGELMÄẞIG, CANNABIS ZU KONSUMIEREN?

Viele Cannabiskonsumenten, die von einer Abnahme der Träume berichten, erleben auch, dass die Träume zurückkehren, wenn sie auf das Kraut verzichten. Die Forschung hat dieses Phänomen als den “Rebound-Effekt” bezeichnet.

Leider ist dies ein weiteres noch wenig erforschte Gebiet. Die oben erwähnte Studie aus dem Jahr 1975 ergab, dass die Dauer des REM-Schlafs während der Entzugsphase anstieg. Ob dies nun auf chemische Veränderungen oder ein gestörtes Schlafmuster zurückzuführen ist, muss noch bestätigt werden.

Roehrs hat angegeben, dass Cannabiskonsumenten möglicherweise die gleiche Menge an REM-Schlaf erfahren und der Entzug ihnen einfach dabei hilft, sich an ihre Träume zu erinnern. Es ist nur möglich, sich an einen Traum zu erinnern, wenn eine Person mitten in der REM-Phase aufwacht. Roehrs wirft die Möglichkeit auf, dass der Entzug zu Schlafstörungen führt und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass eine Person in dieser Phase aufwacht.

WELCHE VERBINDUNGEN IN CANNABIS KÖNNEN DEN SCHLAF MÖGLICHERWEISE BEEINFLUSSEN?

Cannabidiol (CBD)

Cannabidiol (CBD) ist nach THC eines der am häufigsten vorhandenen Cannabinoide. Obwohl es die Entspannung fördert, wird das Molekül von Forschern weitgehend als nicht-psychotrop angesehen. Dieses Merkmal – zusammen mit den entzündungshemmenden, angstlösenden und neuroprotektiven Wirkungen – hat CBD zu einem äußerst beliebten Therapeutikum gemacht.

Wissenschaftler haben in mehreren Humanstudien die schlaffördernden Wirkungen von CBD untersucht. Eine im Journal of Clinical Pharmacology veröffentlichte Studie dokumentiert die Auswirkungen von CBD auf Schlaflosigkeit. Die Probanden erhielten CBD in einer Dosis von 40, 80 oder 160mg, ein Placebo oder 5mg Nitrazepam (ein angstlösendes Mittel). Probanden, die 160mg CBD erhielten, berichteten von einer erheblichen Zunahme des Schlafs im Vergleich zum Placebo. Interessanterweise war die Erinnerung an Träume bei allen drei CBD-Dosen erheblich geringer.

CBD könnte auch den Schlaf von Menschen mit diagnostizierten Angstzuständen verbessern. Generalisierte Sozialphobie ist mit Störungen des Schlaf-Wach-Zyklus verbunden. Interessanterweise haben klinische Studien gezeigt, dass CBD die Symptome der Erkrankung erheblich verringert.

Terpene sind ein weiterer Bestandteil der Cannabispflanze, die auf dem Gebiet der Schlafverbesserung vielversprechend sind. Diese Moleküle sind für den einzigartigen Geschmack und Geruch einzelner Cannabissorten verantwortlich. Myrcen zum Beispiel – eines der am häufigsten in Cannabis vorkommenden Terpene – riecht nach Erde und Nelken. Das Terpen ist weit verbreitet in “breit machenden” Cannabissorten und wirkt sedierend, wodurch der Schlaf verbessert werden könnte.

SCHLÄFRIG MACHENDE SORTEN

Alle veröffentlichten Forschungen zu Cannabis und Schlaf haben einzelne Moleküle untersucht. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass Bestandteile wie Cannabinoide und Terpene bei gemeinsamer Verabreichung besser wirken – ein Phänomen, das als Entourage-Effekt bekannt ist.

Getrocknete Cannabisblüten bieten eine Fülle von vielversprechenden chemischen Bestandteilen. In der Forschung wurden die Auswirkungen bestimmter Sorten auf den Schlaf noch nicht untersucht, aber Sorten wie Blue Mystic und Vanilla Kush sind bekannt für ihre entspannenden und beruhigenden Eigenschaften.

KANN CANNABIS DIE SCHLAFQUALITÄT VERBESSERN?

Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse legen nahe, dass bestimmte Cannabinoide einige Aspekte des Schlafes verbessern können. Bis Forschungsinstitute jedoch groß angelegte klinische Studien durchführen, können wir es nicht mit Sicherheit wissen.

Der Mangel an Belegen schmälert jedoch nicht die konsistenten Anekdoten. Viele Cannabisraucher behaupten, dass das Kraut ihren Geist entspannt und sie abends ruhig einschlafen lässt. Dies wird durch Studien gestützt, die die angstlindernden und die Schlaflosigkeit verringernden Eigenschaften bestimmter Cannabinoide und Terpene belegen.

Wir wissen auch, dass THC das Potenzial hat, den REM-Schlaf zu reduzieren, eine Phase des Schlafzyklus, die mit kritischen physiologischen Prozessen verbunden ist. Diese Erkenntnisse erschweren die Sache. Cannabis als Schlafhilfe bleibt also ein Thema voller Nuancen.

Luke Sumpter
Luke Sumpter

In den letzten sieben Jahren hat Luke als Cannabisjournalist und Gesundheitsforscher gearbeitet. Im Laufe dieser Zeit hat er sich ein erweitertes Verständnis der Wissenschaft des Endocannabinoid-Systems, der Cannabis-Phytochemie und Anbautechniken erarbeitet.